Grazer Quereinsteigerin holt bei den CEDGC den FPO-Titel

© Andrea Pátkai

Es war erst ihr sechstes Discgolf-Turnier und zugleich ihr erstes auf internationalem Terrain: Die Grazer »Ultimate-Spielerin« Sophie Bretschko holte sich den Titel bei den Central European Disc Golf Championships 2021 (CEDGC). Dieses Bravourstück zählt zu den größten Sensationen der jüngeren österreichischen Discgolf-Geschichte. Dass ihr Vereinskollege vom DGCG Leon Sonnleitner seiner Mitfavoritenrolle bei den Junioren gerecht geworden ist, hat dagegen wohl niemand überraschen können. Mit einem nie gefährdeten Start-Ziel-Sieg durfte man trotzdem nicht rechnen. Die Endbilanz der österreichischen Equipe bei diesen »Zentraleuropameisterschaften« (der Nationen: Kroatien, Polen, Slowakei, Slowenien, Österreich, Tschechien, Ungarn und erstmals als Gastland Serbien) lässt sich wahrlich herzeigen (Medaillenspiegel am Ende dieses Beitrags), denn neben den erwähnten beiden Titeln gab es noch weitere – nicht einkalkulierte – Spitzenplatzierungen.

 

Wie es nicht anders zu erwarten war, zeichnete TD Dani Hatvani ein wunderschönes und sauschweres Kursdesign in das Arboretum von Szarvas, rund zwei Autostunden südöstlich von Budapest entfernt: Eng, lang und gar mit abrupten Richtungswechseln verliefen die Bahnen dieses Par-65-Parcours. Wer sich mit einer Par-Runde in den Schatten flüchten konnte, durfte sich später mit einem Rating von knapp über 970 (noch inoffiziell) glücklich schätzen. »Schwierig«, antworteten die Spieler*innen unisono nach ihren Trainingseindrücken gefragt. Und Leon Sonnleitner wird nach seinem Sieg bei den MJ18 noch festhalten, »es ist der beste und schwierigste Kurs gewesen, auf den ich jemals gespielt habe, weil man alles können muss«.
Dem »alles« abverlangendem Layout nicht genug, sind auch noch extreme äußere Bedingungen hinzugekommen: Sonnencreme mit Faktor 50 (das Thermometer zeigte bis zu 38 Grad Celsius) und Gelsenschutzmittel (der angrenzende Altarm der Körös entpuppte sich als Stechmückenparadies) mussten an diesem Wochenende zur (überlebens-)notwendigen Grundausrüstung gezählt werden. Doch zurück zum rein Sportlichen.

Sieg der Außenseiterin. Selbst aus dem rot-weiß-roten Team hatte kaum jemand die Ultimate-Nationalteamspielerin Sophie Bretschko auf der Rechnung gehabt, geschweige denn die anderen. Wie denn auch?, sind doch die CEDGC 21 ihr erstes Turnier außerhalb Österreichs gewesen. Bis dahin hatte sie insgesamt erst fünf gespielt.
Mit acht über Par in der ersten Runde setzte die 20-Jährige ein kräftiges Zeichen und lag damit gleich um sechs Würfe vor der Zweitplatzierten, der Favoritin Katka Bodová. Die Slowakin konnte in der zweiten Runde ihren Rückstand halbieren und spielte in der ersten Hälfte der Finalrunde in dieser Tonart weiter. Zwischenstand: Zwei Würfe Vorsprung. Zu diesem Zeitpunkt sah alles danach aus, als würde die dreifache CEDGC-Siegerin und Vizeeuropameisterin von 2016 routiniert den Sack zu machen.
Die Wende kam mit der Bahn Elf, wo die Grazerin zu ihrem souveränen Spiel aus der ersten Runde zurückfinden konnte. Sie absolvierte nun vier Holes in Folge jeweils par, darunter auch das knackige Zwölfer-Hole mit einem Mando samt 120-Grad-Knick, das die Slowakin mit einem Double-Bogey hinter sich lassen musste. In Folge schlichen sich bei Katka Bodová just bei den Annäherungen, normalerweise ihre Stärke, ungewohnte Fehler ein. Die Führung war somit wieder dahin. Dagegen wirkte Sophie Bretschko immer souveräner, auch mental: Ein Double-Bogey auf Bahn 15 ließ den Abstand zwar wieder auf einen Punkt zusammenschmelzen, doch diesen kleinen Ausrutscher steckte sie locker weg, um auf der finalen Bahn, einer der schwierigsten (Par 4 mit 225 Metern), ihre Discgolf-Qualitäten zu zeigen: Mit einem Abwurf wie aufs enge Fairway gezeichnet, gab es keinen Zweifel mehr, wer sich den Titel holen wird. Ihre direkte Konkurrentin konnte diesem Demonstrationswurf in der Tat nichts mehr entgegensetzen und musste sich schließlich mit insgesamt vier Würfen Rückstand mit dem zweiten Platz zufrieden geben.

Was kommt nun? Nach dieser beeindruckenden Leistung drängte sich unweigerlich die Frage auf, ob Sophie Bretschko zu Ultimate zurückkehren, und somit von der Discgolf-Bildfläche wieder verschwinden wird? Im nächsten Jahr würde sie wohl wieder mehr Ultimate spielen, aber deswegen nicht mit Discgolf aufhören, gab die Titelgewinnerin zur Antwort. In dieser Saison bekomme jedenfalls Discgolf noch den Vorzug, so würde sie auch auf die Ultimate European Finals, die Anfang Oktober zeitgleich mit den Österreichischen Discgolfmeisterschaften (ÖM) stattfinden werden, verzichten. Übrigens, diese ÖM gehen in St. Pölten über die Bühne, dort, wo sie genau vor einem Jahr ihr erstes Turnier gespielt hat und »nur« Vierte geworden ist. Alle späteren Turniere konnte sie für sich entschieden!

 

Die Klasse MJ18. Bei den Junioren gab es sogar einen österreichischen Doppelsieg: Der erst 16-jährige Leon Sonnleitner gewann vor seinem Clubkollegen Vincent Coyle vom DGCG. Leon lag nach der ersten Runde mit -1 in Führung. In der zweiten »verschlechterte« er sich um einen Wurf, konnte aber trotzdem seinen Vorsprung ausbauen. Vincent gelang die beste zweite Runde der Junioren und hievte sich dadurch auf den zweiten Platz und sollte diesen auch nach der Schlussrunde behalten können. Im Finale stellte Leon die »blöden Fehler«, die er in den beiden ersten Runden begangen hatte, ein, und deklassierte somit seine Alterskollegen mit einer 5-unter-Par-Runde. Unterm Strich gewann Leon mit insgesamt zehn Würfen Vorsprung auf Vincent.

Wie Sophie klinkte sich Vincent Covid-bedingt in die Discgolfszene ein. Ob Leon auf längere Sicht bei Discgolf bleibt, ist ebenfalls fraglich, denn es handelt sich dabei um seine Nebensportart: Leon besucht die Volleyballakademie Graz und kann sich daher nur in den Ferien auf Discgolf konzentrieren.

Die Klasse MP40. Leons Vater, Stefan Sonnleitner (natürlich auch vom DGCG), spielt nur noch sporadisch Turniere, aber wehe, wenn er antritt, dann ist er bei der Scheibensache wie kaum ein anderer in seiner Altersklasse MP40. Und in Sachen Fitness kann bei den »Senioren« weit und breit niemand mit ihm mithalten, was ihm in der Hitzeschlacht von Szarvas natürlich zugute gekommen ist. Stefan Sonnleitner errang hauchdünn vor dem Tschechen Marek Šrom den zweiten Platz, auch weil beim großen Favoriten Otfried Derschmidt am Finaltag, in den er noch als Führender gehen konnte, eine chronische Verletzung lästig geworden ist. Schließlich musste sich das Discgolf-Urgestein mit Blech begnügen.

Die Klasse MPO. In der offenen Männerklasse war aus österreichischer Sicht gleich vier Spielern der Sieg zuzutrauen: Allen voran Titelverteidiger Stanislaus »Stani« Amann und sein Bruder Bonaventura – jener Österreicher mit dem zurzeit höchsten Rating. Weiters Laurenz Schaurhofer und Florian Lingenhel, denn beide reisten mit frisch errungenen internationalen Siegen an: Ersterer gewann in Ungarn die Őrség Open, Zweiterer in Deutschland die Leinen Los Open.

Stani Amann bestätigte seine Mitfavoritenrolle und lag nach der ersten Runde nur einen Wurf hinter dem Tschechen Jakub Semerád an zweiter Stelle, Dritter wiederum ein Tscheche, Bohdan Bílek, und am vierten Platz die große Überraschung: Georg Grubner, wie die Amann-Brüder vom Verein STPDISCGOLF. An dieser Reihenfolge des Führungsquartetts sollte sich auch nichts mehr ändern, wobei betont werden muss, dass Jakub Semerád von Runde zu Runde seinen Vorsprung auf seine Verfolger in atemberaubender Manier ausbauen konnte: Dem Zweitplatzierten fehlten schließlich 14 Würfe auf den Sieger, der selbstredend auch die beste Runde des gesamten Wochenendes ins Arboretum von Szarvas pflanzte: zehn unter, was ein Rating von 1049 (noch inoffiziell) ergibt. Der guten Ordnung halber seien auch noch die Platzierungen der übrigen österreichischen Mitfavoriten angeführt: Bona Amann (5), Florian Lingenhel (7) und Laurenz Schaurhofer (10).

Fazit. Der Kapitän des Österreichischen Nationalteams, Stani Amann, meinte nach dem Turnierwochenende, das sei wohl das beste Abschneiden unseres Teams bei CEDGCs gewesen?! In der Tat, denn auch in Anbetracht der Tatsache, dass heuer mit fünf Klassen so viele wie noch ausgeschrieben gewesen sind, ist die Bilanz bei diesem seit 2016 bestehenden Bewerb ungleich besser als die Jahre zuvor. Zu verbuchen wären: Zwei Siege, drei zweite Plätze (von den fünf österreichischen Stockerlplätzen gingen vier an Spieler*innen des DGCG!) und weitere sechs Top-10-Ergebnisse.

Ein Wermutstropfen. Bei den Juniorinnen ging keine einzige Österreicherin an den Start, da gibt es offensichtlich einen blinden Fleck in der heimischen Jugendarbeit. Gewonnen hat diese Klasse die Polin Weronika Zieminska mit 21 über Par, was ein für viele Spieler*innen beneidenswertes Turnierrating von 923 (noch inoffiziell) bedeutet. Chapeau!

Hier die R1F9, FEATURE mit: Dinko Šimenc, Weronika Zieminska, Stani Amann & Tamás Kovács

Und hier die R2F9, LEAD FPO mit: Sophie Bretschko, Katka Bodová, Danica Pajtak & Eliška Bártková

 

Medaillenspiegel:

Kroatien: –/–/1
Österreich: 2/3/–
Polen: 1/–/–
Serbien: –/–/–
Slowakei: –/2/–
Slowenien: –/–/–
Tschechien: 1/–/4
Ungarn: 1/–/–

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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