Dominik Stampfer neuer „Big Hill King”
von Ewald Tkocz
Was hat Dominik Stampfer mit Borussia Dortmund gemeinsam? Auch er spricht nicht vom Titel. Obwohl der designierte Nachfolger von Simon Lizotte als GermanTour-Sieger sich am Wochenende in Ofterschwang die Krone des „Big Hill King“ aufsetzte und seinen Vorsprung in der GT-Gesamtwertung 2011 auf knapp 230 Punkte ausbaute, hält der 17jährige die Scheibe flach: „Reden wir am 31. Oktober noch einmal über das Thema“, wehrte er nach seinem überlegenen Erfolg auf Deutschlands höchstgelegenem Parcours verfrühte Glückwünsche ab. Dominik Stampfer: „Es kann gerade bei der Albuch Classic noch so viel passieren. Und wer weiß schon, wo Simon Lizotte, Christian Plaue und Klaus Kattwinkel noch starten?“
Dominik Stampfers Konkurrenten läuft die Zeit davon
Aber im Ernst. Der Heidenheimer, bekennender VfB-Fan und deshalb vermutlich nicht amused über einen Vergleich mit dem BVB, hat bereits eine Hand an der großen Krone – vorausgesetzt, er bleibt gesund und in Form. Denn obwohl noch 19 Turniere in der GermanTour zu spielen sind, laufen der Konkurrenz die Zeit und die Möglichkeiten zu punkten davon. Mit Potsdam und Bottenreute bei Ravensburg stehen nur noch zwei B-Turniere auf dem Programm. Und beim A-Turnier in Söhnstetten zählt der 1,96 Meter große „Jungstar“ (Dennis Stampfer über seinen „kleinen Bruder“ Dominik) auf seinem Heimkurs zu den Top-Favoriten.
Beeindruckend seine Vorstellung im Allgäu: Im Vorjahr bei der „Big Hill“-Premiere noch knapp an Michael Stelzer gescheitert, ließ er diesmal von der ersten Runde an keinen Zweifel daran aufkommen, wer mit der Krone im Gepäck zurück auf die Ostalb reisen würde. In seiner ersten bogeyfreien Runde mit nicht weniger als neun Birdies setzte der amtierende Deutsche Juniorenmeister mit 45 Würfen gleich eine Bestmarke auf dem anspruchsvollen 18 Bahnen-Kurs.
Christian Schmidt: Ein Überraschungsgast wird Zweiter
Ein Überraschungsgast entpuppte sich als größter Konkurrent Dominik Stampfers: Christian Schmidt. Der 20jährige Söhnstettener galt vor drei Jahren als eines der größten Talente im Deutschen Disc Golf, wurde Deutscher Juniorenmeister und spielte im ersten Halbjahr 2008 die Konkurrenz in Grund und Boden. Doch nach der für ihn enttäuschenden Europameisterschaft 2008 entschied sich der Maschinenbau-Student für eine Karriere im örtlichen Fußballverein und tauchte nur noch sporadisch bei Turnieren auf. „Wenn ich Spaß habe und locker bin, spiele ich mein bestes Disc Golf“, sagte er nach seinem zweiten Platz. Und er hatte Spaß in Ofterschwang. Und wie! Christian spielte acht Birdies in der ersten Runde. Zwei Doppel-Bogeys trübten die fast makellose Leistung Schmidts, der mit seinen drei Puttern hin und wieder im Garten seine Handgelenke „entrostet“.
China-Rückkehrer Stelzer: Eine Woche Training reichte nicht
Michael Stelzer, der zur Zeit versucht, chinesischen Fabrikarbeitern in Schanghai europäische Qualitätsstandards nahe zu bringen, reichte eine Woche Training nach seiner Rückkehr aus China nicht aus, um seinen Titel zu verteidigen. Nach drei Bogeys in der ersten Runde nur Fünfter, „biss“ sich der Söhnstettener jedoch ins Turnier hinein, war bester Spieler im Halbfinale und Finale, verpasste den zweiten Platz jedoch mit einem Doppel-Bogey an der kombinierten Waldbahn 17/18.
„Lefty“ Chris Longmire bei seiner Allgäu-Premiere gleich im Finale
Taddäus Winkelbeiner aus Reutlingen erlebte auf den Almwiesen unterhalb des Allgäuer Berghofs zwei sehr unterschiedliche Tage. Am Samstag mit Runden von 51 und 49 noch Zweiter, verlor der Reutlinger am zweiten Tag zwölf Würfe auf Christian Schmidt und Michael Stelzer und musste sich mit dem vierten Platz begnügen. Fast wäre er noch von einem der genialsten „Lefties“ in Deutschland, Chris Longmire, abgefangen worden, der auf dem „linkshänderfreundlichen Kurs“ (Frank Hellstern) als einziger Nicht-WSCA-Spieler das Finale der besten Fünf erreichte und mit nur einem Wurf Rückstand auf Ted Fünfter wurde.
Auf den weiteren Plätzen: Markus Plattek (Fischach), der 2010 die 2. Allgäu Open gewonnen hatte, der in der zweiten Runde und im Halbfinale groß aufspielende Markus Moßig (Reutlingen), Frank Hellstern (Oberkirch), Martin Kunz (Rüsselsheim) und der 20jährige „Lokalmatador“ Emanuel Kroll (Oberjoch), einer von sechs kernigen Allgäuer Burschen, die das Turnier bereicherten. Der 14jährige Jonas Lehmann (Augsburg), der bereits in Rüsselsheim als Zweiter bei den Junioren aufhorchen ließ, verfehlte nur um einen Wurf einen Top Ten-Platz in der Open-Kategorie.
Masters-Sieger Jürgen Taube: „Alles im Griff“
Glücklich und stolz strahlte Jürgen Taube nach seinem Sieg in der Masters-Division. Nach mäßigem Start hatte der Esslinger, der bereits seit Mittwoch in Ofterschwang weilte und fleissig trainierte, „alles im Griff“. Am Samstag Nachmittag spielte er mit 50 Würfen die drittbeste Runde des Turniers. Thomas Barker, der nach dem ersten Tag nur einen Wurf zurück lag, hatte am Sonntag nach einer mäßigen dritten Runde keine Chance mehr auf den Sieg. Der schon seit acht Jahren in Straßburg lebende Amerikaner teilte sich Platz zwei mit „Scheibensucher“ Michael Janske-Drost, der seine Flight-Partner in der dritten Runde mit vier Birdies hintereinander entzückte. Ralph Lehmann (Augsburg) vervollständigte das Masters-Finale und hatte Glück, dass „Scheibensucher“ Wolfgang Kraus in seinem vierten GT-Turnier die große Chance auf sein erstes Finale nicht nutzte.
Christine Hellstern in der GermanTour wieder in Führung
Christine Hellstern (Oberkirch) übernahm mit ihrem überlegenen Sieg in der Damen-Konkurrenz wieder die Führung in der GermanTour-Wertung 2011. Zwischen der „Big Hill Queen“, die 2009 das Double aus Tour und Meisterschaft gewann, und ihrer Nachfolgerin Susann Fischer (Potsdam) wird wohl die Entscheidung über den Tour-Sieg 2011 fallen. Natalie Moßig, die Zweite wurde, ist zumindest eine heiße Anwärterin auf den dritten Platz in der GT-Gesamtwertung. Ina Federschmid wurde im Allgäu Dritte vor Julia Burkhardt und Sonja Scheidemantel, die das Damen-Finale nur um einen Wurf verfehlte.
Dritter Saisonsieg für Ewald Tkocz – Henseler Zweiter
Bei den Grandmastern feierte Ewald Tkocz (Geislingen) seinen dritten Erfolg in dieser Saison vor Lothar Henseler (Giengen/Brenz), der die B-Turniere in Dassel und Rüsselsheim gewonnen hatte. Rudolf Haag wurde überraschend Dritter vor Elmar Stampfer und Ortwin Pelger (beide Heidenheim). Der gebürtige Kölner und Wahl-Münchner Haag, Insidern auch als „Roller-Rudi“ bekannt, erheiterte seine Kollegen beim Après-Golf im Gasthof Kreuz mit einer interessanten Definition des Begriffs Grandmaster: „Demenzkranke Disc Golfer mit Rollator am Tee Off.“
Turnierdirektor Paul Davies war mit dem Turnier „sehr zufrieden“
Turnierdirektor und Kursbetreiber Paul Davies war mit dem Turnier am Ende sehr zufrieden: „Wir haben vor allem mit dem Wetter Glück gehabt.“ Denn am Mittwoch Abend hatten noch schwere Stürme und Gewitter über den Allgäuer und Illertaler Alpen getobt. Davies: „Gottseidank sind keine Bäume auf die Bahnen gestürzt.“ Nach dem mit 15 Grad noch temperierten Samstag strahlte am Sonntag der Himmel über dem Parcours mit dem malerischen Alpen-Panorama im schönsten Weiß-Blau und sommerlichen 25 Grad.
Ob sich das Turnier zu einem „Klassiker“ entwickeln wird, wird die Zukunft zeigen. „Man sieht, wie viel Arbeit Paul in diesen Kurs gesteckt hat“, äußerten Chris Longmire und Frank Hellstern, die zum erstenmal in Ofterschwang spielten, anerkennend. Immerhin waren in diesem Jahr schon 45 Spieler (Vorjahr: 30) am Start. Unter ihnen die drei „Voodoo Warriors“ Rosenast, Rüegg und Erismann aus der Schweiz, die im Caddyshack, einer offenen Holzhütte, übernachteten. Bei so viel Idealismus muss dem Wahl-Allgäuer Davies um die Zukunft seines Turniers nicht bange sein.